Am Ende wird alles gut?

Ich habe neulich wieder mal den Spruch von Oscar Wilde – Am Ende wird alles gut und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende – gehört.

Während ich den Spruch früher amüsant, hoffnungsvoll und stimmig fand, war ich diesmal völlig irritiert.

Eine Erkenntnis, die ich bei der Reha und dann vertieft danach durch das Lesen zweier Bücher hatte, war: jetzt ist alles gut!

Beim Hören des Spruches fiel mir jetzt nochmal stark auf, wie ich früher so oft dachte: wenn erst mal das und das vorbei ist oder dieses oder jenes passiert, dann wird es gut sein. Ich muss nur noch ein bisschen durchhalten.

Ob das nun die Hoffnung auf Freitag und das Wochenende oder der Arbeitsschluss war oder größere Ereignisse oder Träume in meinem Leben betraf: ich schaute hoffnungsvoll in die Zukunft.

Und vergaß dabei, das Jetzt, das Heute zu erleben.

Ich schreibe diesen Beitrag hier natürlich aus einer sehr privilegierten Position heraus: ich habe keine krasse Krankheit, lebe in dem Teil der Welt, der alles haben kann und bin auch voll ins System integriert. Aber das ist nun mal der Ort, an dem ich mich gerade befinde und von dem heraus ich schreiben kann. Ich kann nicht wissen, was ich denken und fühlen oder wie ich handeln würde, wenn das alles nicht so wäre.

Ich versuche nun in den letzten Wochen immer wieder dieses Jetzt zu erleben. Zwei Sätze, die ich las, halfen mir dabei besonders:

Es passiert nie etwas in der Vergangenheit oder in der Zukunft, sondern immer nur gerade jetzt!

Wie sinnlos ist es denn, sich gegen etwas aufzulehnen, sich über etwas aufzuregen und sogar zu bekämpfen, wenn es schon passiert ist.

So lauteten sie sinngemäss, so habe ich sie verstanden.

Wie bleibe ich im Jetzt? Ich versuche weniger zu denken. Das hört sich in unserer Welt sehr merkwürdig an, finde ich.

Aber wie oft, gehe ich irgendwo entlang oder sitze und warte oder sonst etwas und in mir läuft ein permanenter Gedankenstrom. Ich denke nicht über eine bestimmte Sache nach, die ich lösen will oder so. Ich denke einfach vor mich hin oder die Gedanken denken sich in mir vor sich hin. Und ich springe wild mit und bin überall nur nicht im Moment. Ich versuche dann kleine Mediationseinheiten einzubauen: ich nehme meine Gedanken wahr und lass sie ziehen. Und dann lenke ich meine Aufmerksamkeit auf die Umgebung, in der ich gerade bin und nehme wahr und auf. Fast immer stellt sich dann eine große Ruhe ein und:

Alles ist gut!

Was auch immer mich davor beschäftigte, es verliert an Dringlichkeit und auch an Bedeutung. Es hat mit meinem Sein gerade nicht viel zu tun. Ich weiß, es ist da und ich will, muss, werde damit umgehen, aber es hat keinen Einfluss auf meine Befinden, darauf, ob es gut ist oder nicht.

Und aus diesem friedvollen Zustand heraus kann ich dann mit den Dingen, die so anstehen viel leichter umgehen.

Ich versuche diese Art Übung an vielen Punkten des Tages einzubauen. Immer wenn ich Pause habe, zwischen zwei Terminen halte ich inne oder wenn ich auf irgendwas warte.

Es ist auf eine Art eine so kleine Sache, aber hat so viel verändert in meinem Leben!

Wenn mich jemand fragt, wie es mir geht, lautet die Antwort nun zumeist: gut! Und das stimmt völlig!

Daher: Es gibt keinen Anfang und kein Ende. Es gibt den Moment im Jetzt und der ist gut!


2 Gedanken zu “Am Ende wird alles gut?

  1. Das ich lange Zeit so ohne Probleme und Ärger durchs Leben ging, lag auch daran, dass ich im Heute lebte.
    Das Vergangene war vorbei und das Morgige ist Morgen.
    Das war schon in der Schule so. Stress wegen einer Arbeit hatte ich an dem Tag des Schreibens, Stress wegen einer schlechten Note hatte ich an dem Tag an der ich sie bekam.
    Diese Art und Weise wurde mir oft vorgeworfen, hat mir aber eine Menge Stress erspart.
    Ich wäre unverbindlich, dabei war ich für genau diesen Tag, der verbindlichste Mensch.

    Diese Unbekümmertheit ist leider mit dem Alter ein wenig verloren gegangen.

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