ICH SEHE DICH

Dies ist mein Körper, so haben sie es mir gesagt.

"Wo ist das Danielchen? - Da!"
Damit meinten sie mich, dass lernte ich. 
Oder nein, sie meinten diesen Körper, von dem sie sagen, 
er und ich, wir seien dasselbe. 
Und ich erkenn ihn auch wieder, wenn ich ihn im Spiegel seh.
Was mach ich also, wenn ich mich immer wieder im Spiegel betrachte 
und mich frage, wo bin ich nur darin, wer bin ich?

"Wo ist die Mutti? - Da!"
"Wo ist der Vati? - Da!"
Das sind also meine Eltern. 
Es wird wohl so sein, sie sagten es mir und waren irgendwie 
auch immer schon da 
(ganz abgesehen davon, dass sie es dennoch nie waren).
Und am Muttertag gratuliere ich meiner Mutter und danke ihr, 
dass sie mich geboren hat.
Aber was hat sie denn geboren?
Meinen Körper, in dem ich mich nicht finde?
Oder mich, mein ich? (Wo bist du nur, wer bist du?)
Es ist sicher in einer Welt, wo sich eh kaum jemand 
wirklich auf den Weg macht, dem andern zu begegnen 
(geschweige denn sich selbst).

Aber kommt dann einer und meint wirklich mich und schält mich, 
wie Peer Gynt die Zwiebel, was bleibt dann? 
Wird er etwas finden unter all den Schichten?
Kann er etwas finden, solange ich noch suche?

Aber was, wenn es noch viel größer ist...
Er schält sie nicht die Zwiebel, er legt sie mir in die Hand, 
voll Vertrauen, dass ich finden werde, 
wo ich bisher nur irrend suche.
Bin ich mein Körper?
Bin ich meine Eltern?
Bin ich der, der mir die Zwiebel in die Hand legt?
Oder gibt es da noch etwas, das wartet, schon so lange wartet darauf, 
dass ich es seh und in die Arme nehme?

Auf dem Weg dahin gibt es einen Spiegel, 
in dem ich mich immer wieder finden kann.
Er liegt im offenbaren Verborgenem, 
in diesem andern, der sagt: Ich sehe dich.