Aliyeh – Die Schwester der Wölfe

von Georg Dreißig

Urachhaus

Ein Schmied und seine Frau finden bei einer Wolfsjagd ein Mädchen – oder ist es ein wildes Tier? Wer ist diese Aliyeh, von der keiner wirklich sagen kann, ob es eigentlich ein Kind oder ein Wolf ist? Und warum will der reiche Händler Orson sie als Werwolf verdammen und davonjagen? Aliyeh merkt schnell, dass sie auf sich selbst angewiesen ist, wenn sie herausfinden will, wohin sie gehört – und woher sie kommt …

>> Lange ruhten ihre Blicke ineinander: der Blick Mirons, des Alten im weißen Mantel, und der Blick des Mädchens. In diesem wortlosen Schauen enthüllte sich dem Mädchen alles, was ihm noch verborgen gewesen war.

„Erinnerst du dich noch deines Auftrags, Tochter des Königs der Plejaden?“, fragte Miron endlich leise.

Aliyeh nickte. „Das Licht ohne Glanz wollte ich finden“, erwiderte sie.

„Und wo ist das Licht ohne Glanz zu finden?“, fragte Miron.

„In der Dunkelheit“, antwortete das Mädchen.

„Und wo ist die Dunkelheit am größten?“

„In den Herzen der Menschen.“

Ernst ruhte Mirons Blick auf dem Mädchen.

„Wie kannst du das Licht ohne Glanz dort finden?“, fragte er.

„Ich muss es selbst entzünden“, erwiderte Aliyeh.

„Und wann kannst du es in der Dunkelheit entzünden?“

„Wenn meine Liebe stärker ist als meine Angst“, antwortete Aliyeh.

Der Alte im weißem Mantel nickte lächelnd.

„Du kennst dein Ziel“, rief er mit froher Stimme. „Trag das Licht, das du in deinem Herzen entzündest, dorthin, wo dir die Dunkelheit am tiefsten erscheint und du wirst deinen Weg finden!“

„Und werde ich auch Heimat finden, Miron?“, fragte Aliyeh.

„Der, der dich nach hause führen soll, ist schon bereit“, erwiderte der Alte.<<