Dieser Beitrag erschien ursprünglich im Mai 2016 auf diesem Blog.
Zu Corona Zeiten scheint mir das Thema Dämonen aber wieder mal ziemlich aktuell zu sein, daher sei er hier erneut geteilt.
Und zur Musik des Original-Beitrages geselle ich noch diese hier dazu:
Dämonen
Gestern sah ich mal wieder Iron Man 3 und jedes Mal bleibt dieser Satz in mir hängen: „Wir erschaffen unsere eigenen Dämonen!“
„Ja!“ sagt sofort vieles in mir, manches sagt aber auch: „Was ist mit jenen, die für uns geschaffen wurden, in einer Zeit, als wir noch gar nicht wussten, wer ICH ist? In der Zeit als wir Kinder waren!“
Ich habe so einige Dämonen in mir (oder nur einen? wer weiß das schon) und vielleicht habe ich daher auch eine Vorliebe für Menschen, die ihre Dämonen mit sich tragen.
Vor-Liebe ist ein sehr schönes Wort in diesem Kontext und bitter nötig.
Bei Wikipedia kann man so einiges lesen über „Dämon“. Interessant für mich in dieser Erläuterung ist, dass, wenn man das Wort von seinem griechischen Ursprung herleitet, es etwas mit teilen, zerteilen zu tun hat. Überhaupt scheint mir die griechische Ansicht zum Dämon die mir entsprechendste zu sein:
Der griechische Epenschreiber Hesiod (etwa 700 v. Chr.) beschreibt in seinem Hauptwerk Theogonie den Glauben an ganze Scharen und verschiedene Klassen von Dämonen als Zwischenwesen zwischen den Göttern und den Menschen. Sie umschweben den Menschen als quasi unsichtbare Wächter über Recht und Unrecht und spenden auch Reichtum. (…)
Für mich sind das, was ich als die Dämonen in mir beschreibe, bestimmte Gefühle, Verletzungen, Wünsche, Ängste, Erinnerungen, die nicht im Offenbaren sein können, sondern aus irgendwelchen Gründen ins Unterbewusste gedrängt wurden und von dort aus wirken. Sie mischen sich in alles ein und alles Schöne wird welk und alles Gute bitter. Sie verhindern das Heilen, das Ganzsein und zerteilen mich in viele kleine Teile, die nicht wissen wohin und hierhin und dorthin streben.
Ich glaube, sie warten auf ihre Erlösung. Darauf, wieder ans Tageslicht zu dürfen, ernst genommen zu werden und dann sich verflüchtigen können oder hilfreich tätig zu werden, so dass das Schöne fruchtbar und das Gute erlebbar werden kann.
Gerade erinnere ich mich an einen Text, den ich schrieb und hier veröffentlichte. Der passt da auch rein in diese Dämonen-Gedanken.
Ich glaube, ich habe inzwischen nach all den Jahren Kampf ein gutes Verhältnis zu meinen Dämonen, sie spenden mir inzwischen eher Reichtum als Verhängnis. Es ist eine gewisse Ruhe, ein Frieden eingekehrt. Alle Jubeljahre, wenn ich sie vernachlässige, sie vergesse, bäumen sie sich auf wie aus dem Nichts, dann ist wieder Arbeit angesagt an mir und ihnen, eine Neuordnung der Dinge.
Heute kam mir der Dämon eines anderen, eines mir lieben Menschen entgegen. Das tut weh, es zu sehen und zu wissen, ich kann nicht helfen, nur aussen vor stehen. Aber ich kann verstehen und damit den anderen nicht einem Urteil unterwerfen. Das ist leicht gesagt und schwer getan, den wie oft verletzten einen die Dämonen der anderen. Da kommt die Vor-Liebe ins Spiel:
„Ich habe mit dir zu tun, weil ich Dämonen in mir habe und du auch und mich deine Dämonen anziehen, so wie dich meine anziehen. Aber wenn wir uns nicht zusammen in den Abgrund ziehen lassen wollen, müssen wir lieben lernen. Uns lieben, einander und uns selbst mit all dem Dunklen. In all dem Dunklen das Licht finden.“
Auch muss ich beim Thema Dämonen immer an das Buch Tobit aus dem Alten Testament denken. Ich las einmal eine Geschichte dazu von Jens Bjørneboe, ich glaub in seinem wirklich schönen Büchlein „Der Mensch ist unsichtbar. Anstiftung zu Verrat und Freiheit.“, welches aus irgendeinem Grund nicht mehr in meinem Besitz ist. Wer das Büchlein mal in die Hände bekommt: Unbedingt festhalten und lesen!
(Zwei weitere Autoren, die wie ich finde in verschiedener Weise, Wichtiges zu diesem Thema zu sagen haben, sind Sören Kierkegaard und Arthur Rimbaud)
Neben der religiösen Seite denke ich auch über die psychologische nach. Da wird zum Beispiel bei C.G.Jung über die Schatten gesprochen und über den Doppelgänger. Allen gemein ist das Verdrängen aus dem Bewusstsein, das unbewusste Wirken abgespalteter Teile unseres Selbst.
Welche Dämonen entfessele ich in anderen? Für welche Dämonen muss ich mich verantworten? Was dränge ich bei Anderen ins Unbewusste hinein, weil ich signalisiere: „Das darf hier bei mir nicht sein?“
Ein Kind erzählte mir neulich, dass seine Mutter sagt, den Nikolaus gibt es nicht. Da ich von der Mutter weiß, dass sie an Gott glaubt, begann ein Teil meines Hirns sich damit zu beschäftigen, wie man das eine glauben aber das andere verleugnen kann. Der Rest meines Hirns und ein Großteil meines Herzens erkannte: Dämonengefahr! Was sagt man da, wenn einen Kinderaugen hilfesuchend anschauen, weil die Person, die man liebt einem etwas nehmen will, dass man liebt? Ich habe das gesagt, was ich meist sage in solchen Momenten und was ich tief tief so meine und empfinde: „Höre mal in dich hinein! Was sagt dein Kopf, was dein Herz, was dein Bauch, was dein linker Zeh? Sagen die, es gibt den Nikolaus? Dann glaube dir, dann gibt es ihn und deine Mama weiß es nur nicht mehr. Kein Mensch hat die ganze Welt gesehen, jeden kleinen Ort, daher kann auch kein Mensch wissen, was es wirklich auf der Welt gibt und was nicht. Das kannst nur du für dich entscheiden!“
Ich weiß nicht, ob diese Antwort trägt, aber es ist zumindest eine, die sowohl Mutter als auch Kind sein läßt und nicht angreift.
Es ist das ein Thema und sind das Fragen, die mich schon lange beschäftigen und auch noch lange (den Rest meines Lebens?!) beschäftigen werden. Sowohl privat als auch in meiner Arbeit spielt das Thema eine wichtige Rolle. Überall wo ich auf etwas stoße, sei es in Filmen, in Liedern oder in Büchern, was damit im Zusammenhang steht, werde ich wach und aufmerksam und sammle es in mir.
Hier habe ich es mit euch in fragmentarischer Form geteilt und bin gespannt, ob sich dazu Gedanken von euch in den Kommentaren finden werden. Denn: Ich sammle alles!
So schön geschrieben!
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Hallo sammelnde Koriandermadame,
Erkenntnis und Vergebung sind der Schlüssel zur Erlösung, ja. Dazu braucht es keine Anstrengung, nur Momente der Ruhe, um nachzuspüren, was gerade war oder ist. Das wirklich Fatale an Dämonen ist ihre Neigung, uns so oft in gelungener Verkleidung zu begegnen. Wie viel Wahrhaftigkeit steckt in machen Ehrgeiz, in mancher Liebe, in mancher Selbstlosigkeit?
Gleiches such und findet Gleiches, wenn auch mit einem anderen Gesicht. Wirken meine Dämonen im Verborgenen, habe meist mit Menschen zu tun, denen es ähnlich geht. Mache ich mir meine Dämonen bewusst, suche und finde ich Menschen, die ebenso unterwegs sind. Erstere gibt es noch, haben aber ihren Einfluss auf mich verloren.
Der Umgang mit Dämonen – eine Lebensaufgabe.
Sei herzlich gegrüßt.
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Vielen Dank für deine Worte … der Spiegel im anderen und welche Menschen suche ich mir zum Spiegeln, ist auf jeden Fall ein Thema, Fragen, die sich diesem Thema anschließen, finde ich!
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Bestens gefühlt, geschrieben lieber Reiner, danke.
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